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Der ganz normale Wahnsinn:
Wohnungsbau und Planwirtschaft

Nach den Erfahrungen der Weltwirtschaftskrise von 1929 und der Armut nach zwei Weltkriegen erschien das planwirtschaftliche Modell der DDR zunächst durchaus als erfolgsversprechende Alternative. Eine Produktion genau auf den Bedarf zugeschnitten: eine optimale Auslastung der Maschinen, keine Verschwendung von Ressourcen, effizientes Krisenmanagement, Vollbeschäftigung. Die wirtschaftliche Realität sah indes so aus: Die staatliche Plankommission stellte nach politischen Vorgaben Planziele für die Ministerien auf. Die Ministerien wiederum arrangierten sie für die Kombinate. Die Kombinate reichten sie schließlich an die Betriebe weiter. 50.000 Menschen waren nur mit der Planung des Marktes beschäftigt – Arbeit für alle war ja schließlich das Ziel. Auf jeder der Stufen wurden die Zahlen korrigiert, sodass die von oben angewiesenen Planvorgaben und die Arbeitsleistungen nie und nimmer zusammenkommen konnten. Der tägliche Mangel an Konsumgütern, Dienstleistungen, Ersatzteilen und Waren war das Resultat.

Da alle Planvorgaben auf Neubauten ausgerichtet waren, kamen Sanierungsmaßnahmen zu kurz.

Erich Honecker betonte bei seinem Machtantritt 1971, die Dringlichkeit der Versorgung der Bevölkerung. Auf seiner Agenda außerdem ganz oben: der Wohnungsbau. Seit dem Krieg fehlten immer noch rund 3 Millionen Wohnungen. Es war ein Tag des Triumphs, an dem die ein-millionste Neubauwohnung in der DDR fertig wurde. Am 6. Juli 1978 bezog Hermann Großkopf in Berlin-Marzahn mit seiner Familie die nagelneue Dreiraumwohnung, Erich Honecker brachte die Wohnungsschlüssel persönlich vorbei.

Rolf Krüger schildert sehr eindringlich, wie alle Planvorgaben auf Neubauten ausgerichtet waren und dadurch Sanierungsmaßnahemn zu kurz kamen. Musste ein Dach neu gedeckt werden, so erforderte es die verworrene und komplizierte Beantragung von Baukapazitäten und Handwerkern. Ein mühsames und langatmiges Prozedere, mit geringen Erfolgsaussichten, das den Neubau von Wohnungen einfacher erschienen ließ. Der alte Bestand war dem Verfall preisgegeben. Die DDR plante sich zu Tode.

Der letzte DDR-Präsident Hans Modrow gab rückwirkend den Kritikern recht, die das Regime nicht wegen Mangel an Südfrüchten oder  eingeschränkten Reisemöglichkeiten, sondern wegen fehlendem Wohnraum angriffen. „Auf diesem Gebiet offenbarten sich Leistung und zugleich Tragödie der DDR“ so Modrow.